Freitag, 4. Januar 2008

Das Parkstadion und ich - Erinnerungen

Seit vorgestern laufen die Abrissarbeiten der alten Heimstätte des Fc Schalke 04. Das Parkstadion wird endgültig dem Erdboden gleichgemacht und im Laufe der Jahre soll ein kleines Stadion für Jugend- und Amateurspiele entstehen.
Am Rande, ich glaube, daß die Arbeiten zügiger als die veranschlagten 6-8 Wochen über die Bühne gehen werden, die zuständige Abrißbirne Hellmich hat mit Sicherheit genug Wut getankt...

Wie auch immer, ich verbinde natürlich einige Erinnerungen mit dieser alten Schüssel.
Zunächst mal die Tatsache, daß es sich um eine alte Schüssel handelt. Dreiviertel des Stadions waren nicht überdacht und es zog grundsätzlich wie Hechtsuppe. Dazu die in älteren Arenen obligatorische Laufbahn, die eine Sicht mit Fernglas einfacher machte und die Stimmung quasi in die Tartanoberfläche aufsog. Wenn man in der Südkurve stand, dann beschallten einen mitunter Lautsprecher, die die Gesänge der Nordkurve transportieren mussten. Der heute in der Arena übliche Dezibeltest wäre im Parkstadion oft genug eine Lachnummer gewesen. (wobei er in der Arena natürlich ebenfalls völlig überflüssig ist)
Was nicht nur an der Weite lag, sondern auch am Zuschauerschnitt.

In den 90er Jahren konnte man eigentlich immer nach Gelsenkirchen fahren, ohne vorher eine Karte irgendwo im Internet, im Vorverkauf oder über Bekannte gekauft zu haben.
Bayern München war da die Ausnahme, selbst Spiele gegen Dortmund bedeutete nicht automatisch ausverkauft. Ich erinnere mich z.B. an einen miesen Kick gegen Werder Bremen, da verloren sich bei nasskaltem Novemberwetter 25000 Menschen im weiten Rund. Heute undenkbar, daß man gegen Werder einfach an ein Kassenhäuschen latscht und sich eine Karte kauft. Ich muss zu meiner Schande gestehen, ich wüsste nichtmal, ob man an der Arena überhaupt ein Kassenhäuschen hat. Einerseits ist sowas schön, weil es volle Hütte bedeutet, andererseits nimmt es die Spontanität eines Stadionbesuches.

Das 1.Mal im Parkstadion war ich zu niedersten Zweitligazeiten.
Schalke war 1988 zum dritten Mal in die zweite Liga abgestiegen und statt eines Wiederaufstiegs sah es nach Durchreichen in die Amateuroberliga Westfalen aus.
Ostern 1989 stand man auf Platz 18 und der Verein hatte mal wieder einen Skandal nach dem anderen parat.
Unter anderem war es die Saison des 3-Tage-Präsidenten Michael Zylka. Ein Düsseldorfer Betriebswirt, der angeblich als Geheimagent arbeitete. Oder so ähnlich. Sein Nachfolger wurde im Januar 89 übrigens Günter Eichberg...
Daneben hatte der Verein nach einem Spiel gegen Darmstadt 98 wegen Zuschauerangriffe auf Schiedsrichter Prengel eine Platzsperre auferlegt bekommen und musste ein Heimspiel in Hannover austragen.
Am vorletzten Spieltag, es war der 11.06.1989, wurde das Heimspiel gegen BW 90 Berlin an ein Autohaus (wenn ich mich richtig erinnere) verkauft. Die Folge waren Kartenpreise von 2 DM für eine Stehplatzkarte und 66.000 Zuschauer im Abstiegskampf 2.Liga. Mein (sparsamer) Vater nahm dies zum Anlass, den kleinen kurtspaeter in die Südkurve zu stellen. Ich gebe zu, meine Erinnerungen an das Spiel sind spärlich. Ingo Anderbrügges Ausgleich müsste ein Schuss unter die Latte aus weiter Entfernung gewesen sein. Ansonsten weiß ich, daß ich einen Gummiball geschenkt bekam, mit dem ich mir die Zeit vertrieb. Kann also sein, daß ich das Spiel nur am Rande verfolgt habe. Was wiederum erklären würde, warum ich mich an Menschen wie Jaroslav Kotas oder Rachid Belarbi überhaupt nicht mehr erinnere.

Die wohl tollste Stimmung im Parkstadion kann ich an zwei Situationen vergeben.
Dabei handelt es sich um zwei Tore.
Beide Male saß ich im alten Block I und somit auf der richtigen Höhe, da die Tore auf die Südkurve fielen.
Zunächst war da das 2:1 von Andi Müller gegen Bayern München am vorletzten Spieltag der Saison 1995/96.
90.Minute, die UEFA-Pokal-Qualifikation für unseren kleinen Gurkenverein war perfekt. Das Parkstadion dohte bereits damals abgerissen zu werden, nachdem Uwe Scherr auf der rechten Aussenbahn durchmarschierte und Andi Müller seine Flanke per Flugkopfball einnetzte.

Ein ähnliches Erlebnis war das Viertelfinalrückspiel gegen Inter Mailand in der Saison 1997/98. Schalke hatte sich als Titelverteidiger qualifiziert, das Viertelfinale war die Revanche für das Finale vom Vorjahr und Yves Eigenrauch spielte sich mit einer Wahnsinnspartie gegen den damals weltbesten Fußballer Ronaldo in den Dunstkreis der Nationalelf. Nach einer 1:0 Niederlage in Mailand brauchte Schalke bis zur 92.Minute, ehe Michael Goosens das Stadion zum Überkochen brachte. Der Treffer zum 1:0 bedeutete Verlängerung.
Ich bin bis heute der Meinung, wenn Schiedsrichter Veissiere aus Frankreich die Mannschaften damals nicht in die Kabine gebeten hätte, Schalke wäre ins Halbfinale gekommen. Denn die Stimmung war derartig aufgeheizt, die Schalker Spieler so aufgeputscht, daß der Schiri wohl Angst um die Gesundheit der Zuschauer, der Mailänder Elf und die Statik des Stadions hatte. Anders ist das Reinholen der Mannschaften und eine viertelstündige Pause vor der Verlängerung nicht zu erklären.

Allerdings gibt es auch schlechte Erinnerungen. So zum Beispiel ein Heimspiel gegen den Karlsruher SC 1996/97. Rudi Assauer hatte gerade Jörg Berger entlassen und die (wir) Fans konnten mit dieser Entscheidung rein gar nichts anfangen. Immerhin hatte dieser Mann uns vorm Abstieg gerettet und in den internationalen Wettbewerb geführt. So versammelten sich nach der 0:1 Schlappe gegen den KSC einige hundert Menschen vorm Marathontor um wüste Beschimpfungen Richtung Mannschaft und Manager loszuwerden. Die Stimmung war derartig aufgeheizt, daß Jens Lehmann und einer meiner damaligen Mitfahrer aus Worthülsen ein Handgemenge machten.
Der am meisten beleidigte Mensch des Tages allerdings war gar kein Königsblauer noch wurde er jemals einer. Der Name Morten Olsen kursierte als heißes Gerücht am neuen Trainerhimmel. Grund genug, den armen Mann nach allen Regeln der Kunst zu verunglimpfen.

Rückblickend weiß ich nicht, wieviel Spiele ich insgesamt im Parkstadion gesehen habe.
Ob als Fanordner wie bei sämtlichen Europapokalspielen, in einer der Kurven, auf der Gegengerade oder im Block I.
Gespielt habe ich dort aber genau dreimal. Erstmals in der B-Jugend, dann noch einmal als deutscher Meister der Fanclubs, Bereich Halle, gegen den Sieger der Feldmeisterschaft.
Und beim dritten Mal gab es noch diese Begebenheit rund ums Parkstadion. Wir spielten mit der A-Jugend gegen die zweite A-Jugend Schalkes auf dem damaligen Aschenplatz gegenüber vom Marathontor. Dort wo jetzt ein Rasenplatz neben dem nächsten Kunstrasenplatz liegt, brach eine Freundin meiner Schwester ohnmächtig zusammen. Und bekam als Belohnung Kuchen aus der Schalke Kabine von niemand geringerem als Jens Lehmann gereicht.

Sichtweisen eines Schalkers

Auch unsere Mannschaft wird einmal vor 90.000 Zuschauern spielen. (Willi Gies, Gelsenkirchen im Jahre 1904)

Hinweise

Aktuelle Beiträge

kurtspaeter goes vom...
Ereignisreiche Tage liegen hinter mir, da die Reise...
kurtspaeter - 25. Jun, 16:13
kurtspaeter goes vom...
Ereignisreiche Tage liegen hinter mir, da die Reise...
kurtspaeter - 24. Jun, 17:59
kurtspaeter goes vom...
Ereignisreiche Tage liegen hinter mir, da die Reise...
kurtspaeter - 24. Jun, 14:52
kurtspaeter goes vom...
Ereignisreiche Tage liegen hinter mir, da die Reise...
kurtspaeter - 22. Jun, 13:40
Heilsbringer des deutschen...
Arne Friedrich, Prototyp des biederen, technisch limitierten...
kurtspaeter - 17. Jun, 11:54

Fußball-Blogsuche

Suche

 

Impressum

Alle Texte sind von mir in der mir möglichen Objektivität geschrieben und entsprechen meiner persönlichen Meinung. Wenn es hier irgendetwas beleidigendes oder kriminelles von Seiten Dritter zu lesen gibt, so entferne ich dies. Die Inhalte externer Links liegen nicht in meinem Verantwortungsbereich. Verantwortlich für den Inhalt gemäß § 10 Absatz 3 MDStV: Knut Rump, Lehmberg, 24103 Kiel E-Mail: kurtspaeter at gmx.de

BL-Vorschau 2006
Bundesliga
Comeback in der Kreisliga
EM
Fernsehen
Fussball Geschichten
kurtspaeter goes...
Nationalelf
Presseschau
Ruhmeshalle der Idioten
Schalker Geschichten
Sonstiges
WM 2006
WM Tagebuch
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren