Sonntag, 25. Juni 2006

Tag 17

Die Standard-Einleitung,
hier mein persönliches WM-Tagebuch, die Spiele die ich gesehen habe, lasse ich Revue passieren. Live-Blogging z.B. bei dogfood. Die anderen Tage finden sich unter "WM Tagebuch" auf der linken Seite oder beim Runterscrollen.

Samstag, 25.06.2006

Achtelfinal-Spiel 1: England-Ecuador 1:0 (0:0)

England im 4-5-1. Rooney einzige Spitze, obwohl der eigentlich auch eher um einen zentralen Stürmer herumspielt, Michael Carrick ersetzte Carragher, spielte aber auf der 6, während Hargreaves auf rechts musste. Ecuador im 4-2-2-2 wieder mit ihrem Top-Sturmduo Delgado und C. Tenorio.
Stefan Effenberg ist nicht unbedingt mein Freund. Aber seine Halbzeitaussage, "die sollen jetzt rauskommen und das Elfmeterschiessen direkt machen", kann ich nur unterschreiben. Ecuador hat das gespielt, was es kann und nach 10 Minuten Pech mit einem Lattenschuss gehabt, aber England?
Da schüttel ich zum wiederholten Male mein Haupt. So richtig grottenschlechter Standfußball mit dem Warten auf einen Geniestreich per Beckham-Freistoß. Tut mir leid, aber diese Mannschaft mit diesem gigantisch besetzten Mittelfeld, hat meine Sympathien verloren. Hoffentlich fliegen die im Viertelfinale achtkantig zurück auf die Insel und beweihräuchern sich dann weiter als größte englische Mannschaft ever. Da ist aber auch nix zusammenhängendes zu Erkennen. Nur hoffen auf den einen richtigen Schuss.
Das Ecuador nach dem Führungstor es nicht mal versucht hat einen halben Gang höher zu schalten und mal ein bißchen Druck zu machen passt zu diesen 90 Minuten.
Highlight war da schon, das Premiere uns in Zeitlupe den kotzenden David Beckham präsentierte. Im wahrsten Sinne des Wortes kotzend.

Achtelfinal-Spiel 2: Niederlande-Portugal 0:1 (0:0)
Die Holländer wie üblich im 4-3-3, aber ohne Ruud van Nistelrooy und ohne Raphael van der Vaart. Boularouhz spielte rechter Verteidiger, Dirk Kuijt in der Sturmmitte. Portugal im 4-2-3-1 wieder mit allen Stars, d.h. Deco kam zu seinem zweiten Einsatz.
Da war ja mal alles drin. Dank Kartenverteilung gratuliere ich Costinha für herzzereissende Dummheit, Deco für das Erhöhen der Siegchancen Englands fürs Viertelfinale und Schiri Ivanov für das möglichmachen dieses Spiels. Außerdem danke an Bouhlarouhz, das er nach fünf Minuten nur versucht hat, Ronaldo ins Krankenhaus zu treten. Soviel Theater bei zwei technisch so beschlagenen Mannschaften ist unwürdig. Wenn sie denn nämlich mal Fußball gespielt haben, war das durchaus sehr ansehnlich. Die Großchancen waren verteilt auf beide Seiten, die Portugiesen insgesamt etwas zurückhaltender, aber wenn sie konterten, dann spielten sie sich hinten raus, langes Gepöle gabs kaum. Die Holländer waren etwas umständlicher und vor dem Tor überhaupt nicht abgezockt.
Der Verlierer des Abends aber saß für mich auf der holländischen Bank. Und zwar ist das Marco van Basten. Der wirkte das ganze Spiel wie ein Schuljunge, der nicht weiß was er tun soll. Ich kann ihm den kompletten Verzicht auf van Nistelrooy nicht vorwerfen, da wird irgendwas gravierendes passiert sein. Aber, nach der Herausstellung von Bouhlarouhz Heitinga als Absicherung einzuwechseln, gegen eine Mannschaft die seit der Pause ohne nominellen Stürmer spielte und den Stoßstürmer Vennegoer of Hesselink erst zehn Minuten vor Schluß zu bringen, das muss er um die Ohren bekommen. Denn es ging ums Weiterkommen. Holland spielte so 20 Minuten hinten mit Heitinga-Oojer-van Bronckhorst gegen niemanden und hatte auch noch Cocu und van Bommel als defensive Arbeiter. Das verstehe wer will.
Der Gewinner des Abends kommt, so bitter das ist ausgerechnet von einer Insel und heißt England. Deco wird Portugal mächtig abgehen, Ronaldo scheint fraglich, Costinha ist auch gesperrt.

Kurtspaeter goes Frankreich-Togo

Mein persönlicher WM-Tag begann eigentlich schon mit der Zulosung der Karten in der ersten Verteilungsrunde. Von da an wurden für die Auslosung Hoffnungen geäußert, die Engländer sollten es werden oder die Argentinier. Und es sollte noch um etwas gehen, auf keinen Fall ein Spiel, in dem die Stars geschont werden würden.
Frankreich-Togo wurde es dann schließlich, für meine Freundin ein Glücksfall, spricht sie doch fließend französisch und auch ich war zufrieden Spieler wie Henry, Trezeguet oder den großen Zidane bei seiner Abschiedsvorstellung zu sehen. (das letzterer dann gesperrt sein würde konnte ja keiner ahnen)
Also schnell ein Togo T-Shirt organisiert und ab gings.

Hier in Kiel ist von derartiger WM-Stimmung wie sie dann in Köln wirklich herrschte nichts zu spüren. Klar, auch hier hat jeder zweite ein Fahne am Auto, nach den deutschen Spielen gibts Hupkonzerte und an der Kiellinie steht ne Großbildleinwand. Aber da wurde gestern abend nicht mal das zweite Achtelfinale übertragen, lieber das Kieler Woche Programm mit Midge Ure als Stars auf der Bühne durchgezogen. Soviel dazu.

In Köln war das ein bißchen anders. Zwar waren die Nachmittagsspiele mit Ukraine-Tunesien und Spanien-Saudi-Arabien nicht wirklich ein Zuschauermagnet fürs Fanfest und öffentliche Schauen (Public Viewing). Aber trotzdem fanden sich unzählige Menschen aus den verschiedensten Nationen rund um Heumarkt, Neumarkt und den Dom ein. Und das erstaunliche, alle hatten ihren Spass. Kein griesgrämiges Gesicht, kein Gepöbel. Nur feiernde, fröhliche Fans aus allen Herren Ländern. Ich glaube, außer einem Trikot Saudi-Arabiens habe ich alle Nationen mindestens einmal im Form irgendwelcher Fanartikel an einem menschlichen Körper gesehen. In der Überzahl natürlich die Franzosen und die Deutsch-Togolesen.
Einziger negativer Aspekt dieser Klasse-Veranstaltung Fanfest sind die Preise innerhalb des umzäunten Platz. 2,50 Euro für 0,3l Kölsch aus Plastikbechern, sehr frech wie ich finde.
Trotzdem, Fanfest und Fanmeile sehr gut.

Die Strecke zum Stadion wurde mit der S-Bahn zurückgelegt, eigentlich in Köln dank KVB für mich immer ein Ärgerniss, aber zur WM haben sogar die es geschafft eine passable Form zu erreichen. Sonderzüge in Mengen. Sowohl hin als auch zurück in kürzester Zeit. Sehr gut.

Die Kontrollen vor dem Stadion sind nicht anders als bei einem ganz normalen Bundesligaspiel. (ach so, in Köln ja Spiel der 2.Bundesliga) Zwar ist das Gelände weiträumiger abgesperrt, aber die Abtasterei hält sich in Grenzen und warum so ein Theater um persönliche Tickets mit Namen und Passnummern gemacht wurde, erschließt sich mir nicht. Im Stadion habe ich einen Kumpel getroffen, der schon das siebte Spiel sah und nicht einmal nach seinem Ausweis gefragt wurde.
Mein Platz war direkt unter dem Dach der Nordkurve im "Blue Sector" in der drittobersten Reihe. Eine tolle Aussicht übers gesamte Stadion, das bei Anpfiff zu schätzungsweise 95% gefüllt war. In Anbetracht der Tatsache, das Togo schon ausgeschieden war und nicht zu den großen Publikumsmagneten zählt, eine tolle Quote.

Das Spiel: Frankreich-Togo 2:0 (0:0)
Die Franzosen erstmals im 4-4-2 mit Henry und Trezeguet sowie auf den Aussen Malouda und Ribery. Togo ebenfalls im 4-4-2 mit Otto Pfister als Trainer.
Eigentlich kann man es kurz machen. Wenn das nicht WM/mein erstes Länderspiel ever gewesen wäre, zur Halbzeit hätte ich übelst gepfiffen und nach spätestens 70 Minuten hätte ich das Stadion verlassen. Das Togo keine Spitzenmannschaft ist, war mir bewußt. Bis 20 Meter vors Tor haben sie ganz gefällig kombiniert, eine Torchance hatten sie nicht.
Aber die Franzosen. Besetzt mit Weltklasse im Überfluß. Gespielt haben sie statisch, langsam, ideenlos, unmotiviert. So werden die gegen Spanien keine Chance haben.

Trotzdem wars ein tolles Erlebnis. Wie das ganze Stadion die Marsellaise singt, geil. Allez-les-bleus aus 30000 Kehlen, toll. Und dazwischen immer wieder Anfeuerung der neutralen Zuschauer (wie ich) für den Underdog. Und das ohne Hassgesänge auf den Gegner. Auch nach dem Spiel ein reibungsloses mit-der-Menge-aus-dem-Stadion-treiben-lassen.

Ein absoluter Klasse-Tag und ein Stück mehr WM Stimmung, die ich jetzt mit in den Rest der Veranstaltung nehmen kann. Schade, das ich nicht noch ein Spiel sehe...
Zum guten Schluss noch ein paar wenige Impressionen aus Köln in Zusammenarbeit mit Empi erstellt.

wm1

Kurtspaeter entdeckt den Mannschaftsbus der Afrikaner.

wm2

Das Fanfest und Public Viewing vor dem Nachmittagsspiel.

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Die Hymnen.

wm7

Das Spiel.

wm8

Nationenwirrwarr.

Sichtweisen eines Schalkers

Auch unsere Mannschaft wird einmal vor 90.000 Zuschauern spielen. (Willi Gies, Gelsenkirchen im Jahre 1904)

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